„Wir klagen uns an, daß wir nicht mutiger bekannt, nicht treuer gebetet, nicht fröhlicher geglaubt und nicht brennender geliebt haben.“
So heißt es im Stuttgarter Schuldbekenntnis der Evangelischen Kirche von 1945, in dem einige mutige Theologen der Bekennenden Kirche die Mitschuld und das Versagen der Kirche im Nationalsozialismus zum Ausdruck gebracht haben.
Wir gedenken heute – zu Recht – der Mitglieder der Bekennenden Kirche und ehren Paul Schneider und Dietrich Bonhoeffer, wir stellen unseren Kindern Menschen wie Sophie Scholl, Oskar Schindler und Claus Schenk Graf von Stauffenberg als Vorbilder hin. Sie alle sind aufgestanden gegen das Unrecht und haben sich auf die Seite der Menschen gestellt.
Wir gedenken der Bürgerrechtler, der Mitglieder der Friedensbewegung, der Opposition während der Friedlichen Revolution und Wende. Unter anderem ihnen verdanken wir die Wiedervereinigung. An die Sprecher der „Aktuellen Kamera“, die Schreiber des “Neuen Deutschland”, all die Mitläufer und Claqueure erinnern wir uns kaum.
Und heute? Monatelang werden Alte und Kranke isoliert, dürfen nicht mehr von ihren Verwandten und Freunden besucht werden, können kein Gesicht mehr sehen, weil alle Betreuer Masken tragen müssen, keine Berührung mehr spüren, weil die Hände der Pfleger in Gummihandschuhen stecken, protestieren und werden nicht gehört, leiden und sterben. Kein Ton von der Kirche.
Wichtige Grundrechte werden mit Füßen getreten: Versammlungsfreiheit, Bewegungsfreiheit, das Recht der freien Berufsausübung, … die Kirche schweigt.
Gottesdienste dürfen nicht mehr stattfinden. Singen verboten. Abendmahl gestrichen. Das Recht auf freie Ausübung der Religion – massiv eingeschränkt – die Kirche duckt sich weg. Dann feiern wir halt Gottesdienste online und wenn die Politiker es uns erlauben, machen wir wieder Gottesdienst, natürlich mit Mindestabstand und Maske.
Nichts zu den Alten und Kranken, die unter der Isolation leiden, nichts zu den Familien, die durch Kita- und Schulschließungen und gleichzeitiges Homeoffice an den Rand ihrer Kräfte und Nerven geraten, nichts über die Künstler und Selbstständigen, die durch die Zwangsmaßnahmen massive Einbußen bis hin zur Vernichtung der beruflichen Existenz erfahren haben.
Social Distancing heißt die perfide neue Realität, an die wir uns gewöhnen sollen und die absolut konträr steht zum Wesen des Menschen als auf andere bezogen und von anderen abhängig, eben als soziales Wesen.
Und dieses Social Distancing, wie es auf Neusprech heißt, zielt auch auf den Kern des kirchlichen Selbstverständnisses, als GEMEINSCHAFT, die von Begegnung, Austausch, Mitgefühl und Nächstenliebe lebt. Und das ist keine kritische Frage, keinen Kommentar wert?
Warum gibt es aus den Kirchen kein Wort der Solidarität mit den Zehntausenden von Demonstranten (die im übrigen auch für die Religionsfreiheit auf die Straße gehen). Das sind Eltern, Studenten, Unternehmer, Rechtsanwälte, Christen, Menschen mit Migrationshintergrund, Rentner – Menschen aus der Mitte der Gesellschaft. Die werden pauschal von den Medien in einer Hetze (wie sie in der DDR kaum schlimmer war), als Aluhutträger, Rechtsradikale und Covidioten beleidigt, diffamiert und ausgegrenzt.
Im Homeoffice im Lockdown der „zweiten Welle“, die mit aller Macht von den politisch Verantwortlichen herbeigeredet und jetzt schließlich erfolgreich herbeigetestet wurde, könnt die Kirche ja schon mal anfangen ein neues Schuldbekenntnis zu formulieren, für die Zeit danach, „dass wir nicht mutiger bekannt haben, …..“
Oder sie macht einfach mal das, was der Auftrag der Kirche ist und erhebt ihre Stimme für die Mühseligen, Beladenen, Beleidigten und Ausgegrenzten.